Bei HOBART kennt man ihn als Patrick, ganz Offenburg kennt ihn als P-Vers. Konstruktionsmechaniker Patrick Bierhinkel ist als Rapper hungrig wie eh und je. Pee ist cool damit, wenn wir Patrick zu ihm sagen. Den Rapper und den netten Arbeitskollegen aus der Wascharmzelle – das trennt er nicht. Wir treffen ihn an der Georg-Monsch-Werkrealschule in Offenburg. „Hier hat alles begonnen“, sagt der Mann mit der bordeauxroten Kappe und seine Augen leuchten dabei. „Vor einem Vierteljahrhundert war das.“
Patrick ist 41 Jahre alt, bei HOBART arbeitet er als Konstruktionsmechaniker in der Wascharmzelle. Hier hat er Mitte der 1990er-Jahre seine Ausbildung gemacht. Nach einer zweiten Ausbildung als Mediengestalter kehrte er 2006 zurück. Seine Gesellenstelle sei gerade frei, hörte er von seinem Ausbilder am Telefon.
An der Georg-Monsch-Schule hatte gut zehn Jahre zuvor die andere Karriere des Patrick „P-Vers“ Bierhinkel begonnen. Unter dem Vordach des technischen Rathauses waren Patricks Kumpel Claudio und die Jungs wieder mal am Breaken. So weit, so gewöhnlich – „hier waren immer 20 bis 30 Mann am Start“, erinnert sich Patrick. Doch an diesem einen Tag war ein Mikrofon in den Ghettoblaster eingesteckt und aus Patrick wurde P-Vers: „Es lief ein Instrumental und ich habe gefreestylet. Ich habe zum ersten Mal vor Publikum gerappt.“ Das muss 1994 gewesen sein. Das Album Illmatic von Vorbild Nas war gerade draußen und der Offenburger Nachwuchsrapper, der im Jahr der ersten Hip-Hop-Single geboren ist (Sugarhill Gang – Rapper’s Delight), war gerade einmal 15 Jahre alt. Davor hatte er immer nur vorm Fernsehen bei „Yo! MTV Raps“ mitgerappt. Jetzt rappten die Leute in den Jugendzentren seine Texte mit.
Um die Jahrtausendwende wurde Toni L, ein bereits etablierter Rapper, in Bühl auf den Nachwuchs-MC aufmerksam. Er nahm ihn mit in die Piemont Studios nach Heidelberg. Dort lernte der Offenburger auch Boulevard Bou kennen, feilte mit ihm viel an Beats und Rhymes. 2001 schaffte es P-Vers mit den Heidelbergern bis aufs splash!-Festival. Vor 20.000 Menschen performte er den gemeinsamen Song „Titelkampf“ mit Toni L, Torch und Boulevard Bou. „Ein Highlight meiner Karriere“, sagt P-Vers und setzt die Bezeichnung „Karriere“ gleich mit den Fingern gestisch in Anführungszeichen.
Rap ist Ventil. Berufung, nicht Beruf
„Was wird aus dem Rap, wird er mich jemals ernähren?“, rappt P-Vers 2011 in einem Song. Dass die Chancen dafür nicht hoch sind, war ihm indes schon immer bewusst: „Mein Elternhaus und meine Erziehung waren sehr bodenständig“, sagt er. „Im deutschen Rap hast du es schwer.“ Enttäuschung? Sieht anders aus! Patrick mag seinen Job bei HOBART sehr. „Rap ist meine Passion“, sagt Pee. Es sei für ihn, der als Kind sehr ruhig und beobachtend gewesen sei, immer auch ein Ventil gewesen. „Ähnlich wie auch der Fußball“, sagt er und lacht. Beides sei schon immer da gewesen – in seinen Kindertagen in Uffhofen und Stegermatt genauso wie heute in der Oststadt, wo Patrick und seine Freundin jetzt selbst ein Kind erwarten.
Rapper mit Arbeit
Auf die Zeit mit den Heidelbergern folgten die Tage von Streethop Records: P-Vers produziert seit Mitte der 2000er-Jahre mit Claudio Esposito, Maximum One und der Crew Lieder, Alben und Videos. Darauf sind regelmäßig hochkarätige Feature-Gäste zu hören. Die Offenburg-Hymne „Wo ich herkomm’“ zählt auf YouTube dreimal so viele Klicks wie die Stadt Einwohner hat. Seine Freunde fragten P-Vers am Anfang, wie das funktioniere, Rap und Fulltime-Job. „Ich habe gesagt: Das ist wie bei B-Rabbit in 8 Mile. Ab und zu kann ich auf der Arbeit meinen Ideen kurz folgen.“
Yo P, it’s on you, what you wanna do?
Patrick antwortet auf die Frage nicht wie Mobb Deep („Whatever, party’s over, tell the rest of the crew“). Ganz im Gegenteil: „Ich bin immer noch genauso aktiv wie vor 20 Jahren“, sagt
er und bestreitet jeden Eindruck eines Rappers im Ruhestand. „Ich bin ein bisschen wie ein verrückter Professor. Ich feile manchmal ganz für mich zwei, drei Jahre im stillen Kämmerlein
an etwas Neuem.“ Was als Nächstes kommt? „Ein Album natürlich.“ Eine Menge Videos seien dazu in Planung. Wie immer ist eine gute Portion Funk und Soul zu erwarten. Und: „Es wird sehr Hip-Hop-kulturell.“